Seit einer Woche besucht unsere Tochter (4 Jahre) nun wieder die KiTa. Die letzten Wochen im Lockdown, war sie ein echtes Nervenbündel. Ich war so unendlich froh, als für Sachsen ganz überraschend der Beschluss kam, dass die KiTas nach 9 Wochen Corona-Ferien wieder öffnen.
Allerdings ist ihre Laune aktuell nicht viel besser. Ich habe viel hinterfragt, bestimmte Punkte nachgeforscht und möchte meine Eindrücke nun mit dir teilen.
Kita-Öffnung und Maßnahmen in unserem Kindergarten
Vor ziemlich genau vier Wochen kam die erlösende Nachricht – der KiTa-Betrieb solle am 18.05.2020 nach neun Wochen Lockdown wieder aufgenommen werden.
Es folgten viele Mails vom Kindergarten, Hinweise zu Hygienemaßnahmen, Änderungen, Ablauf und Zeiten zum Holen und Bringen… Eine neue Normalität sollte kreiert werden, laut unserer KiTa-Leitung, mit so wenig Veränderung wie möglich.
Im Detail betrafen diese Änderungen beispielsweise die Gruppenbildung. Wir hatten bisher immer alle Kinder mit dem Eintritt in den Kindergarten, bis zum Austritt verteilt auf fünf Gruppen. Klein und Groß spielten und lernten zusammen. Die Vorschüler hatten ihre gemeinsamen Projekte.
Da die Gruppen aber in sich geschlossen bleiben und keinerlei Kontakt zu den anderen Gruppen bestehen sollte, mussten unsere Vorschüler eine eigene Gruppe bilden und ausgerechnet der Lieblingserzieher meiner Tochter war ab sofort Erzieher bei den Vorschülern (das sorgte für die ersten Tränchen). Gibt es einen positiven Corona-Fall, bleibt die komplette Gruppe in Quarantäne.
Auch wir Eltern bekamen Regeln. Wir dürfen das Gebäude nicht mehr betreten. Glücklicherweise hat unser Kindergarten Zugang zu jedem Gruppenraum über den Garten.
Damit die Kinder sich dort aber auch austoben können, wird dieser zwischen 9:00 Uhr und 15:00 Uhr geschlossen (Jede Gruppe hat somit eine Stunde Gartenzeit), das heißt wir müssen die Kinder vorher bringen und danach erst wieder abholen.
An jedem Morgen ist ein Zettelchen auszufüllen, auf dem wir als Eltern bestätigen, dass weder unser Kind, noch jemand aus der Hausgemeinschaft irgendwelche Symptome der neuartigen Viruserkrankung aufweisen.
Ab Gartentor herrscht natürlich Maskenpflicht.
Vor dem Start in den neuen Kindergartenalltag
Das waren die neuen Regeln, die ab sofort unseren Kindergartenalltag bestimmen sollten, ich bereitete meine Tochter darauf vor, dass sie nicht mit anderen Gruppen in Kontakt treten dürfe und auch ein paar ihrer Freundinnen und ihr Lieblingserzieher, nicht mehr Teil ihrer Gruppe sein werden. Dafür kommen vier neue Kinder hinzu (eine Gruppe wurde komplett aufgeteilt).
Auch sprachen wir das Bring- und Hol-Szenario durch. Ich sensibilisierte sie dafür, dass sie ihre Sachen irgendwie selber zusammenhalten müsse, da ich das nicht mehr täglich checken konnte. Die Wechselsachen gaben wir am ersten Tag, allesamt mit Namen versehen, in einem Stoffbeutel ab.
Wir bekamen eine letzte Mail, die nochmal alle Hinweise wiederholte und uns mitteilte, dass sich alle Erzieher riesig auf die Kinderschar freuen.
Da sich in den ganzen Wochen ein komplett neuer Tagesrhythmus bei uns eingeschlichen hatte, versuchten wir am letzten Wochenende vor Start krampfhaft, sie wieder in den Kindergartenrhythmus zu zerren. Also frühes Aufstehen und ein pünktliches ins Bettchen gehen.
Funktionierte eher schlecht als recht. Unsere kleine Nachteule lebte so sehr in ihrem eigenen Biorhythmus, dass sie am Wochenende trotzdem erst spät einschlief und auch am Morgen lange im Traumland unterwegs war. Da es kein Frühstück mehr im Kindergarten geben würde, musste auch dieses noch zu Hause eingeplant werden.
Das Kind war überglücklich, die Aufregung stieg und die letzte Nacht konnte die Maus vor Aufregung nicht richtig schlafen. Wir sprachen am Abend zuvor über ihre Gefühle. Sie freute sich sehr auf ihre Freunde, auf das Spielen mit Gleichaltrigen und allgemein auch auf den Kindergarten. Sie war allerdings auch traurig, dass ihr Erzieher in einer anderen Gruppe war und auch das frühe Aufstehen nervte sie ein wenig.
Der erste KiTa Tag nach 9 Wochen Corona-Ferien
Ich war ehrlich gesagt überzeugt, dass wir gleich am ersten Tag zu spät kommen würden, doch beim ersten Mal über den Rücken der Kleinen streichen und leise „Aufstehen“ flüstern, sprang sie aus ihrem Bett, zog sich in Windeseile an, aß ihr Porridge, putzte sich die Zähne und schon konnte es losgehen.
Im Gepäck hatten wir den Beutel mit der Wechselkleidung, Regensachen, den Zettel und ihr Kuscheltier. Die Hausschuhe waren in der Zeit natürlich zu klein geworden und ich kaufte gleich im Anschluss Neue.
Da uns schon prognostiziert wurde, dass es zu Wartezeiten kommen könne, weil ja immer nur ein Kind an der Tür überreicht werden durfte und es bei manchen vielleicht etwas länger dauern würde, hatte ich trotzdem ein wenig Bammel, dass wir zu spät dran sind.
Allerdings war niemand weiter an unserem Gruppenraum, so konnte ich das Kind gleich zur Tür bringen. Ihre besten Freundinnen kamen sofort zur Tür gestürmt und umarmten sie freudig. Nach so langer Abstinenz veranstalteten sie einen regelrechten Freudentanz. Sie flutschte dann auch gleich rein und war ohne Verabschiedung weg.
Ich drückte der Erzieherin den Beutel in die Hand und machte auch schnell Platz für das nächste Kind. Das ging tatsächlich schneller und besser als erwartet.
Im letzten Jahr waren wir knapp vier Wochen im Urlaub. Obwohl das Kind fast täglich weinte, weil sie ihre Kindergartenfreundinnen vermisste, war der Wiedereinstieg damals nicht ganz so einfach. Ähnliches hätte ebenso gut auch nach diesen neun Wochen passieren können, aber war glücklicherweise nicht der Fall. Auch beim Abholen war das Kind ganz selig und freute sich ihres Lebens. Erster Tag also gut gelaufen.
Herausforderungen durch die Änderungen
Allerdings muss ich jetzt nach zwei Wochen Kindergarten sagen, dass die folgenden Tage nicht ganz so einfach waren, wie der erste Tag. Ich nahm vermehrt Traurigkeit, Verwirrtheit, Wut und Zorn wahr. Das gab es alles auch schon vor Corona und natürlich auch zuhause während der Corona-Ferien, allerdings war es auf einmal anders und geballter. Ich verstand mein eigenes Kind nicht mehr.
Ein Beispiel: Sie hatte zu Hause sehr viel mit ihren Schleich-Tieren gespielt und wollte damit natürlich nun auch im Kindergarten mit den anderen Kindern spielen. Die Erzieherin hatte es aber verboten. Beim Abholen nach sechs Stunden war sie super stinkig.
Ich fragte mehrmals auf der Heimfahrt, wurde aber nicht schlau daraus. Irgendwie gab sie mir dann zu verstehen, dass sie so lange alleine spielen musste, weil alle Freundinnen schon weg waren. Ich habe zumindest eine ihrer Freundinnen nach Hause fahren sehen, als ich beim Kindergarten ankam. Also war sie höchstens zwei Minuten „alleine“.
Am Abend bekam sie dann einen totalen Nervenzusammenbruch. Wieder versuchte ich herauszufinden, wo das eigentliche Problem lag und dann meinte sie, ich hätte sie viel zu früh abgeholt und sie konnte gar nicht mehr in Ruhe malen, weil sie davor immer andere Kinder gestört hätten und sie gar nicht mal ihre Ruhe hatte.
Ähnliche Situationen gab es seitdem immer wieder. Am langen Wochenende war die Lage eher ruhig. In der zweiten Woche, ähnliche Phänomene.
Was geht bei den Kids ab?
Ich habe das Gefühl, dass sich mein Kind innerhalb dieser vielen Wochen entsozialisiert hat. Wir hatten für zwei Monate keinerlei persönlichen Kontakt zu anderen Kindern. Das klingt erst mal nicht viel, allerdings war das mit Abstand der längste Zeitraum in ihrem kleinen Leben. Für so ein Kind, fühlt sich die Zeit sowieso noch mal viel länger an.
Ich empfehle dir dich vor, während und nach dem KiTa-Eintritt intensiv mit deinem Kind zu beschäftigen. Folgende Veränderungen kannst du vielleicht in der Corona-Auszeit und auch danach beim Wiedereinstieg wahrnehmen:
- Schlafstörungen
- Einnässen
- Fingernägelkauen
- Kopfweh
- Bauchschmerzen
- Schwindel
- Erschöpfung
- Rückzug
- Aggressivität
- Wut
- Verwirrtheit
- Kuschelbedürfnis
Alle Punkte sind mögliche Reaktionen des Körpers und der Psyche auf Stress und für viele Kinder bedeutet Veränderung auch Stress. Schau auf die Signale, die dein Kind dir gibt, gebe ihm Aufmerksamkeit und Geborgenheit, versucht zusammen das Problem und eine Lösung dafür zu finden.
Wichtig ist bei dem Gespräch mit dem Kind, über alles zu reden und die Krise nicht wegzuschieben. Kinder können so schon früh lernen Probleme zu bewältigen und ihre Emotionen zu fühlen, um später besser damit klar zu kommen.
Positiver Nebeneffekt. Die vielen Gespräche, die Aufmerksamkeit und die intensive Beschäftigung mit deinem Kind, lassen dich es besser kennenlernen und eure Bindung stärken. Egal was kommt, ihr seid ein gutes Team!
Empfehlenswert ist es auch sich vor der KiTa-Öffnung wieder vermehrt mit anderen Familien zu treffen. Durch den fixen Beschluss, war das bei uns nur in kleinem Rahmen möglich, sodass unsere Maus mit einem Mal zuerst wieder im Kindergarten auf viele Kinder traf.
Ähnliche Beobachtungen machten übrigens auch viele andere Eltern in meinem Umfeld. Die Kinder machten durch den Einstieg erneut eine Veränderung durch. Manche wurden ausgeglichener, andere wurden impulsiv oder zogen sich ganz und gar zurück. Bei meinem Kind machte ich die Beobachtung, dass all diese Punkte zutrafen.
Was geht bei den Eltern ab?
Naja, erst heute dachte ich mir „die Krise geht auch an dir nicht spurlos vorüber!“ Da Eingeständnis der erste Weg zur Besserung ist, fühlte ich tiefer hinein. Mir kam beim Abgeben des Kindes ein komisches Gefühl hoch. Was ist, wenn mir jetzt auf dem Heimweg etwas passiert? Dann ist der letzte Kuss, den mein Kind von mir erhalten hat, ein Maskenschmatzer. Gruselige Vorstellung. Überhaupt, warum gebe ich meiner Tochter mit dem Sabberlatz überhaupt einen Kuss?
Fakt ist, ich bin sehr froh, dass mein Kind wieder die Möglichkeit hat, in die KiTa zu gehen. Ich weiß, sie ist dort gut aufgehoben und hat genügend Gleichaltrige um sich herum, die sie Kind sein lassen. Auch die Maßnahmen halten sich bei uns in Grenzen, sodass ich keine zu große Veränderung ihrer gewohnten Umgebung befürchten muss.
Trotzdem muss auch ich zugeben, dass mir die Nachricht zur Öffnung gemischte Gefühle brachte. Vielleicht kennst du ähnliche Gedanken:
- Was ist, wenn mein Kind diese Krankheit doch nicht so leicht wegsteckt, was hat es mit diesem Kawasaki auf sich?
- Es war ja eigentlich auch ganz gemütlich mit allen Familienmitgliedern daheim.
- Auf den Stress am Morgen kann ich auch gut und gerne verzichten.
- Und wenn mein Kind doch nochmal eine Eingewöhnung braucht?
- Jetzt kriege ich wieder nicht mehr so viel von meinem Kind mit…
- …
Ich habe die lästige Angewohnheit mir ständig über jeden Pups Gedanken zu machen. Viel konnte ich da schon selber an mir arbeiten, jedoch habe ich Momente, wo solch irrsinnige Überlegungen wieder hoch kommen. Wenn es dir auch so geht, dann gebe ich dir folgenden Tipp:
Mir hat es bisher immer geholfen, mir diesen Gedanken sehr genau anzuschauen und von allen Seiten zu beleuchten. Dazu überlege ich mir die gegenteiligen Vorteile und stelle dann meistens fest, dass es doch so viel besser ist. wie es ist. Dann bedanke ich mich beim Kopf für diesen Einwand und freue mich über die Möglichkeit, die mir gegeben ist, eine freie Entscheidung treffen zu können.
Ist eine erneute Eingewöhnung möglich?
Tatsächlich habe ich in den letzten Tagen auch mehrere Kinder, an ihre Mütter geklettet, weinen sehen. Vermutlich fällt es vor allem den jüngeren Kids, die gerade eingewöhnt waren, sehr schwer. Nun gibt es aber folgendes Problem:
Da die Eltern das Gebäude nicht betreten dürfen, gibt es kaum eine Möglichkeit die Eingewöhnung fortzusetzen, bzw. ein erneutes sanftes Ankommen im Kindergarten zu begleiten. Zumindest sehe ich da bei uns sehr wenig Chancen. Wenn es arge Probleme bei der „Übergabe“ gibt, denke ich kann man mit den Erziehern reden, welche Alternativen möglich wären. Vielleicht ein verweilen vorm Fenster oder die Möglichkeit sich zu sehen, alle paar Minuten und die Intervalle dann immer größer werden lassen.
Falls dein Kind ein paar Herausforderungen mit dem Wiedereinstig in die KiTa hat, rede mit den Erziehern, was ihr machen könnt, damit der Abschied ohne Tränen verläuft und auch dein Kind wieder mit Spaß den Kindergarten besucht. Auch wenn die Tränen oftmals schnell getrocknet sind, sehe ich hier noch viel mehr Bedarf einfühlsam zu handeln.
Gerade die Kleineren verstehen die Maßnahmen und überhaupt den ganzen Trubel um diese Pandemie nicht. Zuerst wird ihnen ihre gewohnte Umgebung genommen, dann ihre Freunde und letztendlich haben sie nach einem langen Zeitraum alles wieder, aber plötzlich sind die Eltern weg und irgendwie ist auch alles anders. Tränen und andere Reaktionen sind hier ziemlich verständlich, finde ich.
Fazit nach zwei Wochen KiTa
Im Großen und Ganzen ist es aktuell noch besser, als die letzten Wochen in der Zwangspause. Bei uns. Aber das wird jede Familie anders wahrnehmen. Vor allem diejenigen, deren Start etwas schwerer fällt, werden etwas rudern müssen. Bei uns ist es mittlerweile fast wieder so, wie vorher.
Naja, die Erzieher sind etwas gestresster (neues Schichtsystem), die Kinder vielleicht auch etwas anstrengender (zu wenig Spielzeit im Garten) und toben dann gern im Gruppenraum, aber insgesamt ist die Gesamtsituation besser als die 9 Wochen zuvor. Hoffen wir auf ein baldiges Zurückkehren zur Normalität für alle!
Fantafant
10.07.2020, 08:01
Der Artikel spricht mir aus dem Herzen!
Kaddarina
30.06.2020, 07:42
So schwierig der Wiedereinstieg war, so schnell hat es sich such wieder gebessert 🤗
Nonchef
20.06.2020, 13:46
BITTE AUF LASSEN!!! auch im Ausnahmezustand!!! Nochmal verkraften wir das nicht!!!
Kaddarina
10.06.2020, 07:36
Wie erwartet läuft es Bei uns nicht so glatt – und es bricht mir fast das Herz
Nonchef
07.06.2020, 10:09
Zum Glück ist bei uns alles wieder normal!!!
MiriP
07.06.2020, 07:58
Sie Kiddies freuen sich
Biber
03.06.2020, 15:34
Alles nicht so einfach ☹️
Kaddarina
03.06.2020, 08:02
Bei uns stell ich mich auch auf echt schwierige Zeiten ein… Katharina Bonke 🙄